Das Mikrobiom
SALVE-Ausgabe Sommer 2015

Das Mikrobiom

Wie Innen, so Außen. Dem menschlichen Auge weitestgehend verborgen, lebt eine Gemeinschaft an Mikroorganismen in uns. Zahlenmäßig unseren eigenen Zellen weit überlegen, erhalten wir lebenswichtige Impulse aus unserem Darm. Die Pflege und der bewusste Umgang damit ist weitaus wichtiger, als man vielleicht vermutet.

Sie waren eigentlich immer da. Milliardenjahre vor „unserer“ Zeit zeugten Einzeller das Leben auf dem Erdball. Diese Bakterien, Mikroben, oder sagen wir Mikroorganismen besiedeln mit einer unvorstellbaren Vielfalt alles, was wir kennen und vermutlich auch, was wir noch nicht erforscht haben. Wir finden sie in der Wüste, im Wasser, im Eis, heißen Quellen, sogar in der Stratosphäre und den tiefsten Erdschichten. Es würde nicht verwundern, sie eines Tages im Weltall, oder gar in glühender Lava nachzuweisen.
Mit bemerkenswerter Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit durchströmen sie das gesamte bekannte Leben. Und das tun sie nicht stumm und quasi regungslos, zufallsgesteuert, sondern voller Aktivität und kommunikationsfreudig. Die Wandlungsfähigkeit zeigt sich bereits unter dem Mikroskop: Sieht derselbe Mikroorganismus am Abend aus wie eine Kugel (Kokke), sieht man womöglich am Morgen ein Stäbchen - was nach neuesten Erkenntnissen diese Einteilung schon mal ad absurdum führt. In Sachen Kommunikation stehen sie uns in nichts nach: Freigiebig werden genetische Informationen in Form von z.B. Plasmiden ausgetauscht, um das gemeinsame Überleben1 zu sichern. Außerdem wurde nachgewiesen, dass sie Elektronen übertragen, was man als „Telefonieren“ deuten kann.
Altbekannte Ansichten besagen in vielen Kulturen, dass Mutter Erde lebt und wir als mikrokosmisches Abbild auf zwei Beinen hier leben dürfen. Wie im Großen, so im Kleinen, wie Innen, so Außen. Es ist also an der Zeit, dem belebenden Gewebe um und in uns einen freundlichen Blick zu schenken.

Das mikrobiotische Organ

In der klassischen Denkweise ist man dazu geneigt, ein Organ als etwas Festumschriebenes, mit einer Form zu definieren. Beispielsweise wird man auch auf unterschiedliche Aussagen treffen, ob das Blut nun als Organ betrachtet werden soll. Genauso erfüllt aber auch die Mikrobenvielfalt ihre typische Funktion und entzieht sich dabei dennoch einer fixen Charakteristik.
Revolutionäre Erkenntnisse zum „Mikrobiom“ verdanken wir der Pionierin auf diesem Gebiet Dr. Anne Katharina Zschocke. In jahrzehnte langer Arbeit trug sie alles Wissenswerte über Mikroorganismen und deren Wirken zusammen. Dabei entdeckte sie auch fatale Irrtümer der Menschheitsgeschichte, die zur heutigen Denkweise geführt haben, dass die Mehrzahl der Bakterien als Krankheitserreger gelten und bekämpft werden müssen. Aus diesem Grund verabschiedete sie sich auch von der Deklaration „Flora“ mit deren „Symbionten“, da dies wieder impliziert, es gäbe „gute“ und „böse“ Bakterien. In der genauen Beobachtung findet man schnell heraus, dass dies menschengeprägte Aussagen sind, die sich in der Natur nicht bewahrheiten. Das Mikrobiom ist also eine individuelle Vielfalt an Mikroorganismen, die den Körper in Abhängigkeit des Befindens durchströmen und das mit den eigenen Körperzellen intensiv kommuniziert. Um der Vielzahl einen Wert zu geben, hier das Größenverhältnis zu unseren „eigenen“ Körperzellen: Sie übertreffen uns zahlenmäßig um den Faktor 10-100. Etwa 80.000.000.000.000 Körperzellen zu 8.000.000.000.000.000 Mikroorganismen, die in und auf uns leben.

Entwicklung des Mikrobioms

Lang genug glaubte man zu wissen, dass der Fötus im Mutterleib absolut steril im Fruchtwasser schwimmt. Tatsächlich fanden Forscher eine erste Keimbesiedlung, die bereits vor der Geburt stattfindet. In der Muttermilch befinden sich ebenfalls Bakterien, die einen wichtigen Anteil an der gesunden Ausbildung des Mikrobioms haben. Diese gelangen nicht, wie bisher vermutet, vom Mund des Babies in die Brust der Mutter, sondern stammen aus Mama‘s Darm. In beiden oben genannten Fällen sorgen immunologische Zellen für den sicheren Transport aus dem Darm über die Lymphe und Blut an den Bestimmungsort. Somit trägt die Darmgesundheit der Mutter entscheidend von Anfang an zur Entwicklung der Nachkommen bei. Das Umfeld wiederum beeinflusst natürlich das Mikrobiom der Mutter (inkl. der mit ihr lebende und küssende Vater), doch davon später mehr.
Während der natürlichen Geburt, und das ist bereits länger bekannt, erfolgt eine richtungsweisende Imprägnation2 mit Bakterien aus der Scheide und dem Darm der Mutter. Es sind besonders Lactobazillen und Bifidobakterien, die sich zuerst ansiedeln. Sie bereiten mit der Muttermilch ein Milieu vor, das für das optimale Arbeiten der Schleimhäute und des Immunsystems sorgt. Es gibt eine ganze Fülle an Regelkreisen. So tragen z.B. sogenannte Galacto-Oligosaccharide3, die nur in Muttermilch, nicht aber in Kuhmilch nachweisbar sind, als Präbiotikum4 zur Ernährung der Bifidobakterien im Dickdarm des Babies bei. Im Miteinander der Schleimhautzellen werden dann Stoffe ausgeschüttet, die Entzündungen entgegen wirken. Das Milieu wird für die Produktion von Vitaminen vorbereitet und im Regelkreis wird auch dafür gesorgt, dass sich die Kittleisten der Schleimhautzellen ordentlich ausbilden. So kann der Körper mit intaktem Mikrobiom langfristig den Nahrungsstrom
in den Körper hinein kontrollieren und sich selbst gesund erhalten.

Ein sensibles Miteinander

Die Zusammensetzung des Mikrobioms befindet sich im ständigen Wandel. Morgens ist die Bakterienvielfalt eine andere als abends, in der Kindheit anders als im Alter und flexibel bei jedem Essen gestaltet sie sich neu. Die anzutreffenden Bakterien reagieren ebenfalls auf Hormonschwankungen und nervöse Einflüsse der vielen Nervenenden im „Bauchgehirn“.
Handelt es sich um kurzfristige, weniger krisenhafte Belastungen, stellt sich ein gesund gediehenes Mikrobiom immer wieder in einen harmonischen Zustand. Anders sieht es aus, wenn starke Belastungen einwirken. Antibiotika und andere Chemotherapeutika (auch „die Pille“) verändern die Zusammensetzung nachweislich dauerhaft. Auch schwere nervöse Belastungen, wie Schicksalsschläge hinterlassen nachhaltige Spuren. Dazu kommen vielerlei chemikalische Rückstände aus der täglichen, modernen Nahrung, die zu schaffen machen.
Abgesehen davon, dass es bald zur Regel gehört, Kaiserschnitte5 durchzuführen, tragen viele Faktoren dazu bei, dass es Wenigen vergönnt ist ein gesundes Mikrobiom auszubilden. Auch prä- und probiotische6 Flaschennahrung kann den natürlichen Werdegang nur verzerren. Besonders die Praxis, Oligosaccharide durch genmanipulierte Bakterien zu gewinnen und per Trinkpulver zu verabreichen, sollte hinterfragt werden. Ein misslich ausgebildetes Mikrobiom ist dann auch lebenslang anfälliger. Dr. Zschocke nennt den ungünstigsten Fall dann „Mikrobiomschock“, der dauerhafte Folgen hinterlässt.
So sind die meisten bekannten Krankheiten mit einer unharmonischen Besiedlung assoziiert. Bspw. hat man selbst bei Erkrankungen des ZNS7 wie Multiple Sklerose, oder auch Autismus kennzeichnende Fehlbesiedlungen festgestellt. Besonders die Anzahl der Clostridien8 stach hervor, welche aber bitte als Symptom gewertschätzt und nicht ausgerottet werden sollten.

Pflege des Mikrobioms

Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Bakterien nicht bekämpft, sondern gepflegt und geliebt werden sollten. Schließlich gäbe es ohne sie keinen Grashalm, geschweige denn Tiere auf diesem wundervollen Planeten. So schließt sich der Kreis wieder in Mutter Erde mit der Bakterienvielfalt in der Bodenkrume, die mit den Pflanzenwurzeln in Symbiose leben. Sprühen wir statt Pestiund Fungizide Bakterienmischungen wie Brennesseljauche, oder EM9 aus, ernten wir bessere Erträge, und positivere Bakterienimpulse landen auf unseren Tellern. Selbiges gilt in grün für die antibiotikagemästete Schlachtsau und Dreimonatszucht an Hähnchen etc.
Harmonisierende Therapien, die für ein gesundes Miteinander sorgen, sind für das Mikrobiom wertvoll. Energetische Methoden, wie z.B. die Homöopathie gleichen aus und verhelfen der Lebenskraft zu ihrem freien Fluß. Auf materieller Ebene können neben bewusster Ernährung auch EM direkt zum Einsatz kommen. Ein Umdenken in der Beziehung zur Umwelt ist jedenfalls richtungsweisend.

1 Resistenzbildung nach z.B. Antibiotika geschieht auch gattungsübergreifend
2 lat. impraegnare = schwängern
3 galacto = Milch; Mehrfachzucker (Kohlenhydrate);
4 prä = vor, bios = Leben; Nahrungsbestandteile, die als „Bakterienfutter“ dienen, ohne direkten Nährwert für uns zu besitzen.
5 Hier wird klar, dass es sich bei der Sectio caesarea nicht um eine kaiserliche Disziplin handelt.
6 pro bios = für das Leben; Hier sind lebende Bakterienkulturen gemeint, die oral aufgenommen werden können.
7 Zentrales Nervensystem
8 Die bekanntesten dieser Gattung sind wohl C. botulinum (Botulismus, Botox) und C. tetani (Tetanus).
9 E ffektive Mikroorganismen; Mehr dazu in der Herbstausgabe 2015