Die dunkle und die helle Seite: Die Heilpraktikerprüfung
SALVE-Ausgabe Winter 15/16

Die dunkle und die helle Seite: Die Heilpraktikerprüfung

Das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) besagt in §1 (1): „Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.“ Ein sinnvoller Gedanke, der die Volksgesundheit schützen soll. Bei genauerer Betrachtung finden sich jedoch schnell grobe Fehler, die der allgemeinen Gesundheit nicht sehr zuträglich sind.

Das Heilpraktikergesetz wurde am 17.02.1939 erlassen. Zuvor war die Ausübung der Heilkunde nicht geregelt. Wer sich keinen Arzt leisten konnte, ist zu einem Bader oder ähnlichem gegangen, um Linderung seiner Leiden zu erhoffen. Wie wir
spätestens seit dem „Medicus“ alle wissen, geschah dies tatsächlich auch durch umherziehende Heiler. Die Lobby der Ärzte war und ist ungleich stärker und sorgt dafür, daß nicht zuviel Ungunst diesem Beruf gegenüber verbreitet wird. Es dürfte aber auf beiden Seiten gleichermaßen „Quacksalber“ gegeben haben, die nach ersten Linderungen für ein schnelles Ableben gesorgt haben. Die Stilblüten der Medizin(er) sind durchaus bekannt. Quecksilber(salben) und andere Vorgehensweisen raub(t)en einigen Patienten das letzte an Lebenskraft.
Um also der Volksgesundheit einen Gefallen zu erweisen, wurde die Ausübung der Heilkunde reglementiert. Nicht jeder kann sich ein langes, teures Studium leisten und mag dennoch heilerische Talente besitzen, weshalb der Berufsstamm der Heilpraktiker schon vor der Gesetzgebung existierte. Nun besagt §3 aber, daß die Ausübung „im Umherziehen“ nicht erlaubt ist. Wer also pfuscht, soll an seiner Adresse fortan auffindbar sein.
Im Gesetz verankert der „Reichsminister des Innern“ die Durchführungsverordnung zur Überprüfung. Diese besagt, wer die Erlaubnis nicht erhalten soll: Unter 25 jährige, wer ohne abgeschlossene Volksschulbildung ist, wenn sittliche, oder strafrechtliche Verfehlungen vorliegen, wenn gesundheitlich ungeeignet, wenn sicher ist, daß er die Heilkunde neben einem anderen Beruf ausüben wird und wenn aufgrund der Überprüfung von einer Gefahr für die Volksgesundheit ausgegangen
werden muß.
„Über den Antrag entscheidet die untere Verwaltungsbehörde im Benehmen mit dem Gesundheitsamt“ (§3). Der Gutachterausschuß soll nach §4 der Durchführungsverordnung aus einem Vorsitzenden (weder Arzt, noch HP) und je zwei Ärzten und HPs bestehen. Der Ausschuß ist auf zwei Jahre vom „Reichsminister des Innern“ berufen.
Eine ordentliche Überprüfung, die sicherstellen soll, ob jemand auf die Volksgesundheit „losgelassen“ wird, ist plausibel. Daß die Ausübung der Heilkunde im Umherziehen durchaus problematisch gewesen ist, dürfte rückblickend Sinn machen. Ob dies in moderner Zeit immer noch so ist, bedarf einer neuen Bewertung. Unsere heutigen großen Pendlerbewegungen würden aus damaliger Sicht wahrscheinlich als Wahnsinn abgestempelt werden.
Für die Vorbereitung zur Prüfung ist keine Regelung vorgesehen. Ob Privatschule, oder eigenes Studium macht dafür keinen Unterschied. Es folgt ein Multiple-Choice Test mit 60 Fragen und ein Kolloquium.

Es macht den Anschein, als ob das Heilpraktikergesetz ein halbherziger Versuch ist, den Pöbel, der sich die Gehirnwäsche an den Unis nicht leisten will oder kann, in eine Schublade zu bekommen. Die Grundlage für den Berufsstand ohne „Bestallung“ wurde geschaffen, nicht aber geförderte Lehrorte, oder ordentliche Prüfungsbedingungen und Berufsgliederung. Mittlerweile gibt es ja den „kleinen“ HP (Psychotherapie), aber keine sonstigen relevanten Unterscheidungen in der Arbeitsweise (wie bei Fachärzten). Zudem kommt die generelle Ausgrenzung im Krankensystem: Naturheilkunde = Heilpraktiker = selber zahlen = selber Schuld.
Was die Prüfungsbedingungen angeht, so findet sich meist kein „neutraler“ Vorsitzender, geschweige denn zwei HPs. Und entscheidend ist, was der, oder die „Amts-“ärzte für gut und richtig erachten. Nicht, daß diese sich in medizinischer Hinsicht nicht auskennen würden - nur merkt man deutlich, daß sie wohl absolut keinen Bock auf (noch mehr) Heilpraktiker haben. Wie wäre es denn, wenn zukünftig Automechaniker von Flugzeug-Ingenieuren getestet werden? Das Verständnis von technischen Inhalten dürfte doch sehr ähnlich sein... und wenn man sich dazu vorstellt, daß letztere viel lieber fliegen als Auto zu fahren... Jedenfalls ist der Heilpraktiker ein fremd-geprüfter Beruf.
Wie gesagt, ist es egal, wie sich der HP-Anwärter sein Wissen angeeignet hat. Es gibt zwar viele Geschäftsmodelle, die dieses Bedürfnis erkannt haben und ein Grundstudium in Medizin anbieten, aber diese sind allesamt privat zu finanzieren. Hier werden schnell tausende Euro benötigt, was ernsthafte Schüler in Not bringen kann. Es gibt kaum Möglichkeit Unterstützung zu erhalten (Ausnahme: z.B. Söldner der Firma Bundeswehr). Als junger Erwachsener sitzt man auf dem „Amt“ und bittet um Hilfe. Die ernüchternde Aussage: „Melden Sie sich arbeitslos, dann ist Ihr Unterhalt gesichert.“ Danke für‘s Gespräch! Ich wollte eigentlich was aus meinem Leben machen.
Nun zur „Bestallung“. Dies soll eine staatliche Berufszulassung ausdrücken, wie es in diesem Fall für Ärzte vorgesehen ist. Vor dem Hintergrund, in welchen völkerrechtlichen Verhältnissen wir in „Deutschland“ leben, ist dies ein unschöner Witz sondersgleichen. Die BRD ist bekannterweise eine Firma und kein Staat. Damit ist schnell klar: Kein Gesundheitsamt, kein Amtsarzt, keine Bestallung. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus dem „Gesundheitsamt“ eine „Agentur für Gesundheit“ wird (siehe Arbeitsamt etc.). Allerdings ist diese Lobby derart Milliarden schwer und die Universitäten fest in der Hand von multinationalen Firmen, daß dieser Spuk wohl noch eine Weile weitergehen wird. Wer ist momentan eigentlich Reichsminister des Inneren? - Nicht auffindbar? Mag es daran liegen, daß die Prüfungskommission willkürlich zusammengewürfelt wird? Ein Blick auf das Datum des Gesetzerlaßes verrät dunkles. Das ist doch Nazi-Recht und laut dem SHAEF-Gesetz Nr.1 in Verbindung mit Artikel 139 Grundgesetz für die BRD verboten!
Auch wenn die Gesetzgebung überholt ist, unter fragwürdiger Flagge stattfand und der heutige, rechtliche Zustand in Deutschland ein Disaster ist, so ist dennoch ein Reglement sinnvoll. Allerdings als anerkannter, geschützter eigener Berufsstand mit öffentlichen Schulen inkl. Abschlußprüfung und nicht als Abklatsch der Herren in Weiß.