Ab in die Pilze
SALVE-Ausgabe Herbst 2017

Ab in die Pilze

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Allmählich wird es Herbst. Für viele von uns heißt das: Auf in den Wald und Pilze sammeln. Allerdings gibt es dafür so einiges zu beachten. So sollten wir nur die Pilze mitnehmen, die wir wirklich kennen. Erfahrene Sammler oder Pilzberater sind gern bereit, uns dabei zu helfen, wenn sie die besten Plätze auch gerne für sich behalten.

Wer Spaß daran hat, Pilze selbst zu bestimmen, dem sei eines der zahlreichen Pilzbücher empfohlen, doch auch die Abbildungen, die in ihnen enthalten sind, können zu Verwechslungen führen und die Gefahr ernsthafter Vergiftungen für Unerfahrene nicht ausschließen.

Zunächst dient das äußere Erscheinungsbild des Pilzes einer guten Unterscheidung

Von der fachgerechten Klassifizierung einmal abgesehen, sollte der Sammler hauptsächlich Röhren- und Lamellenpilze zweifelsfrei erkennen können. Bei den Lamellenpilzen ist auf den Aufbau des Stiels zu achten, der entweder einen Ring trägt oder nicht. Von dem Verzehr von Pilzen, die weder als Röhren- noch als Lamellenpilze erkennbar sind, ist Unerfahrenen grundsätzlich abzuraten.

Röhrlinge

Die meisten Röhrlinge sind eßbar und in vielen Fällen sogar sehr schmackhaft. Zu ihnen zählt der bekannte Steinpilz, die Marone, die Rotkappe, der Birkenpilz und auch der Hexenröhrling. Bei letzterem ist am Aussehen des Stiels leicht zu erkennen, ob er eßbar ist oder nicht. So gehört der Flockenstielige Hexenröhrling zu den ausgezeichneten Speisepilzen, während der Netzstielige Hexenröhrling roh giftig ist und selbst in gekochtem Zustand bei vielen Menschen starke Verdauungsstörungen hervorrufen kann.
Ein Gallenröhrling, dessen Name bereits vorwarnt, kann für böse Überraschungen sorgen. Er ähnelt dem Steinpilz, hat aber rosafarbene Röhren. Ein insgesamt schmackhaftes Pilzgericht kann durch ein kleines Stück von ihm vollständig ungenießbar gemacht werden. Bei Unsicherheit dient ein Test mit der Zungenspitze auf der Huthaut der klaren Bestimmung, und der Sammler weiß schnell, ob er es mit einem Steinpilz oder einem Gallenröhrling zu tun hat.

Lamellenpilze

Ein schmackhafter Lamellenpilz mit einem Ring am Stiel ist der Schirm- oder Parasolpilz. Man kann aus seinem breiten Hut ein Schnitzel zubereiten, während man den Stiel trocknet und zu Pilzpulver zermahlt.
Zur selben Art Lamellenpilze gehört auch der sehr bekannte Fliegenpilz. Wer mit ihm noch keine Erfahrungen gemacht hat, sollte ihn besser stehen lassen, selbst wenn es heißt, daß er dem einen oder anderen Schamanen zum Höhenflug verholfen haben soll. Die Halluzinationen, die er hervorrufen kann, sind auf eine sehr sorgfältige Dosierung zurückzuführen. Immerhin könnte daraus unter anderem die Geschichte vom Weihnachtsmann mit seinen fliegenden Rentieren entstanden sein. Außerdem trugen frühere Schamanen einen Mantel in den weiß-roten Farben des Fliegenpilzes. Während der Zeit der Wintersonnenwende verschenkten sie zuweilen getrocknete Fliegenpilze, und Rentiere suchen nicht selten nach ihnen, um nach deren Genuß wild umherzuhüpfen. Offiziell gilt er als giftig, doch bislang konnte man ihn nicht für Todesfälle verantwortlich machen.
Ebenso wie der eßbare Champignon gehört auch der äußerst giftige Knollenblätterpilz zu dieser Art. Obwohl die dunkelbraunen Lamellen des ersteren eigentlich eine Verwechslung ausschließen sollten, kommt es hin und wieder dennoch dazu. Der unerfahrene Sammler geht besser auf Nummer Sicher, wenn er seine Champignons kauft oder selbst anbaut. Der in freier Natur eher selten anzutreffende Riesenträuschling – im Handel als „Braunkappe“ erhältlich – kann ebenfalls bequem auf Strohballen gezüchtet werden, indem man spezielle Anzucht-Sets bzw. Sporen erwirbt, um Stroh, Erdsubstrat oder Holz zu impfen.
Zu den Lamellenpilzen ohne Ring am Stiel zählt der Mairitterling. Wie der Name schon verrät, ist er nicht im Herbst zu finden, sondern ab dem zeitigen Frühjahr und strömt einen intensiven Geruch aus. Wie sein herbstlicher Bruder, der Violette Rötelritterling, bildet er oft Hexenringe, ist eßbar und sehr schmackhaft, sollte aber nicht unbedingt roh verzehrt werden.
Auch den nahezu jedermann bekannten Pfifferling oder Eierschwamm kann man zu dieser Art zählen. Gewöhnlich wächst er unter Fichten und Kiefern, seltener in Laubwäldern. Im Rohzustand riecht er leicht nach Aprikose und ein wenig nach Ei, was ihm den genannten Zusatznamen verliehen hat. Man kann ihn auf viele Arten zubereiten, sauer einlegen oder trocknen. Der unbedarfte Sammler steht indessen wiederum vor der Aufgabe, ihn von seinem Doppelgänger zu unterscheiden - dem Falschen Pfifferling beziehungsweise Grübigen Milchling -, obwohl in diesem Fall die Verwechslung nicht allzu folgenreich ist. Der Falsche Pfifferling hat keinen Eigengeschmack und könnte bestenfalls Verdauungsbeschwerden hervorrufen.
Kenner mögen auch Gerichte, in denen der Riesenbovist die größte Rolle spielt, ein rundlicher Vertreter der Lamellenpilze, mit dem man, in Scheiben geschnitten und paniert, unter Umständen eine ganze Großfamilie satt bekommt. Boviste können jedoch nur in sehr jungem und frischem Zustand „geerntet“ werden, da sie sich schnell von innen her zu einer Art Staub zersetzen.
Speise- und Spitzmorchel sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, da sie sehr wohlschmeckende Speisepilze sind, die man speziell im Frühjahr findet. Die Lorchel hingegen sind nicht zu empfehlen, darunter gibt es giftige Varianten. Besonders die Frühjahrslorchel führt immer wieder zu Todesfällen.
Auch Baumzersetzer bezeichnen wir zuweilen als Pilze, so etwa den nicht eß-, aber brennbaren Zunderschwamm, den Korallenpilz und den Becherling sowie den Hallimasch. Die drei letztgenannten lassen sich von Profis gut und schmackhaft
zubereiten, sollen aber möglichst jung und nie roh verzehrt werden.

Im ökologischen Gleichgewicht

Die allgemeine Bedeutung von Pilzen liegt keinesfalls in ihrer möglichen Verwendung als Nahrungsmittel für Tiere und Menschen, sondern in ihrer Unverzichtbarkeit für das Ökosystem des Waldes. Das Verrotten von Laub, Nadeln und Holz funktioniert kaum ohne Pilze, und Bäume kommunizieren über ihr Myzel.
In einigen Regionen gibt es deshalb Mengenbegrenzungen für die Jagd nach Pilzen. In der Schweiz und Österreich dürfen sie zu gewissen Zeiten überhaupt nicht gesammelt werden. Manche ihrer Arten stehen sogar unter Naturschutz.
In unserer technisierten und digitalisierten Welt besitzt der Aufenthalt im Wald und überhaupt in einer halbwegs intakten Biosphäre einen kaum zu überschätzenden Wert. Trotz zahlloser vom Menschen ausgebrachter Umweltgifte haben Ökosysteme wie Wald oder Wiese noch immer die Kraft, uns gesünder und ausgeglichener zu machen, uns zu stabilisieren. Wenn wir ihre Schätze achtsam, maßvoll und dankbar ernten, können wir die Pilzsuche ungemein genießen. Ein stabiler Korb und ein scharfes Messer genügen, um gut dafür ausgerüstet zu sein, obwohl manche Sammler meinen, es sei das Beste, Pilze vorsichtig aus dem Boden zu drehen. Darauf achten sollte der Pilzjäger nur, daß das zarte Geflecht seiner Beute im Boden nicht zerstört wird. Auf diese Weise hat er auch im nächsten Jahr wieder Freude an der köstlichen Geschenken der Natur.

WARNUNG! Nur vom Pilzspezialisten eindeutig
bestimmte Pilze verzehren. Pilzsammler handeln
eigenverantwortlich!